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Band 1

Wögerbauer, Christine
Borges' Blick auf die deutsche Romantik
Eine Ästhetik des Marginalen

2004. 441 Seiten – 170 x 240 mm. Kartoniert
ISBN 978-3-89913-371-4

 

58,00 EUR

Produkt-ID: 978-3-89913-371-4  

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Ein hervorstechendes Merkmal des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges (1899-1986) ist seine eigenwillige Auseinandersetzung mit zentralen Texten der Weltliteratur. Die deutsche Romantik - scheinbar zunächst nur ein Prätext unter vielen - erweist sich dabei als zentrale Inspiration für eine paradoxe Ästhetik, die sich selbst in einer bewussten kulturellen Peripherie ansiedelt und aus dieser Grenzsituation heraus Kreativität und Subversivität schöpft.
Borges' Sicht von der deutschen Romantik ist eine zweifache: Zum einen prägen ihn populäre Vorstellungen von einem romantischen deutschen Geist, die nicht unbeeinflusst bleiben können von der zeitgenössischen Pervertierung der Kulturgeschichte durch die Nationalsozialisten. Zum anderen findet eine reflektierte Auseinandersetzung mit der romantischen Philosophie und Ästhetik statt, vor allem mit Novalis und Schopenhauer. Borges befasst sich mit der Konzeption einer lesbaren Welt, vor allem aber mit der romantischen Schwellenästhetik, die bei ihm zu einer Ästhetik der bewussten kulturellen Marginalität wird.
Die aus der Philosophie des Idealismus herrührende Fähigkeit des Menschen, eine textualisierte Welt in Form eines Buches zu erschaffen, führt in Borges' Fiktion zu einem paradoxen Schöpfungsvorgang, der aufgrund der Beschränktheit menschlichen Denkens notwendigerweise in der Totalität enden muss. Die Funktion der Natur als lesbare Chiffre wird im Werk des Argentiniers von einem mythisch verklärten Buenos Aires übernommen. Doch daneben tritt die wilde Natur als Kontrast zur Urbanität hervor und kann sogar zum Handlungsträger avancieren, so in Erzählungen, die tiefe strukturelle Gemeinsamkeiten zu Ludwig Tiecks Märchen aufweisen.
Die ästhetische Schwelle zwischen Endlichem und Unendlichem ist stets auch eine Grenze zwischen Philosophie und Poesie. Bereits die Frühromantiker erkennen und thematisieren die Unmöglichkeit der Erkenntnis, woraus das schöpferische Potential einer Literatur entsteht, in der aus Philosophie poetisches Spiel wird. Diese Schwellensituation wird in Borges' 'metaphysischer Phantastik' zum tragenden Element: Durch konsequentes Zu-Ende-Denken philosophischer Theoreme, vor allem durch einen radikal verstandenen Idealismus, macht Borges die abendländische Philosophie zur irritierenden und unheimlichen Ausgangsbasis phantastischer Literatur.